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Montag, 29. Mai 2023 · sonnig  sonnig bei 17 ℃ · CDU-Ortsverband Hassel: Sommerfest Sinnlos in Finnland: „Die Geschichte vom Holzfäller“ – auch in finnisch ! St. Ingbert entdecken und genießen!

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Containerdorf von Innen betrachtet

Die Mitglieder des St. Ingberter Bündnisses für Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz engagieren sich seit Jahren ehrenamtlich in der Betreuung von Geflüchteten. Dabei konnten Sie schon viele verschiedene Unterkünfte kennenlernen.

Ein Mitglied des Bündnisses hat aufgrund ihrer Tätigkeit als Ärztin in griechischen Flüchtlingslagern für die Organisation „German Doctors“ Vergleichsmöglichkeiten auf internationaler Ebene.

Mit großem Interesse wurden daher die vielen Negativschlagzeilen und Meinungen bezüglich des geplanten Containerdorfs Ensdorf verfolgt. Es entstand so der Wunsch, sich die Situation selber anzusehen und evtl. Möglichkeiten der Hilfestellung auszuloten oder Ideen einzubringen. Herr Weidig, Leiter der Landesaufnahmestelle, war freundlicherweise bereit, uns die Einrichtung vorzustellen.

Am 12.04. besuchte eine Delegation unseres Bündnisses das Containerdorf. In früheren Presseberichten wurde der schlammige Untergrund und eine Stacheldrahtumzäunung bemängelt. Davon war nichts mehr zu sehen. Alles war sauber asphaltiert, lediglich einige Pfützen hatten sich durch den Dauerregen gebildet. Herr Weidig erläuterte, dass der Stacheldrahtzaun nie Teil der Anlage war, sondern zur Absperrung des benachbarten RAG-Geländes gehörte, wo sich noch ein für unvorsichtige Besucher gefährlicher Schacht befinde.Trotzdem wurde dieser unschöne Anblick längst entfernt. Der Mietvertrag für das Containerdorf ist für 1 Jahr vorgesehen und soll nicht verlängert werden. Bis Ende des Jahres sollen die Container an den Vermieter zurückgegeben werden.

Die Anlage bietet Platz für bis zu 300 Personen (vorerst sollen nur max. 150 Personen einziehen) und soll ausschließlich mit männlichen Geflüchteten, die eine gute Bleibeperspektive haben, belegt werden, wobei Ukrainer außen vor sind. Familien und alleinreisende Frauen mit oder ohne Kinder werden in Lebach bleiben, bis zur Zuweisung in die Landkreise, da dort schon eine Infrastruktur zur Verfügung seht (Schule, Kita usw) Die Aufenthaltsdauer soll 4 – 8 Wochen nicht überschreiten. Der Sinn ist, die Verteilung auf die Landkreise entsprechend zu verschieben, um den Kommunen mehr Zeit zu geben, geeignete Unterkünfte herzurichten.

Auch ist die Lage nicht, wie im Vorfeld befürchtet, fernab von jeder Zivilisation. In fußläufiger Entfernung befinden sich bewirtschaftete RAG-Gebäude, die bekannte „Kaffee-Küch“, die gerne zum Frühstück, Mittagessen, Abendbrot und auch zwischendurch von vielen Gästen aufgesucht wird. Hier gibt es täglich eine Auswahl an preiswertem gutem Essen, (was die Bündnismitglieder bestätigen können). Unweit davon befindet sich ein Einkaufszentrum mit Lebensmittelmärkten und anderen Shopping-Gelegenheiten und der Bushaltestelle nach Saarlouis. Auch liegt gegenüber des Dorfes ein Sportplatz. Außerdem wird ein regelmäßiger Shuttleverkehr nach Lebach eingerichtet.

Doch nun zum Containerdorf selbst. Dieses wird rund um die Uhr von einem Sicherheitsdienst überwacht. Als erstes wurde uns die große Aufenthaltshalle vorgestellt. Dort ist ein Schalter, wo drei Mal täglich Essen ausgegeben werden wird, was ein Caterer übernimmt. Daneben befindet sich der Raum mit Waschmaschinen und Trocknern, deren Benutzung kostenlos ist. Möbliert wird die Halle mit Bockmöbeln, deren Aufstellung in Inselform geplant ist. Auch einige Microwellengeräte sind vorgesehen. Die Essenszubereitung von Geflüchteten selbst ist in den Räumlichkeiten nicht gestattet. Zur Freizeitgestaltung steht schon ein Kicker bereit,

Zwei sehr geräumige, beheizte Sanitärcontainer gibt es für Männer und Frauen (falls Geschwister zusammen bleiben wollen und so doch einzelne Frauen im Dorf wohnen). Diese sind wesentlich comfortabler und einladender als viele, die wir aus den improvisierten Notunterkünften in den Kommunen kennen.

Die eigentlichen Wohncontainer sind für max. 3 Personen konzipiert, werden jedoch nur mit 1 – 2 Personen belegt. Sie haben 2 Betten, Fenster zum öffnen, 2 Spinde, einen kleinen Kühlschrank und einen Tisch mit Steckdosen. Dies bietet Raum für Privatspäre und Individualität. Da weniger neue Geflüchtete gekommen sind als erwartet, sollen Anfang Mai erst Mal nur ca. 30 Männer Einzug halten.

Auch gibt es noch einen Verwaltungscontainer, wo auch ein gesicherter Geldausgabeschalter und ein Raum für das DRK vorgesehen ist.

Alle 4 Bündnismitglieder hatten einen überwiegend positiven Eindruck von der Anlage, der in krassem Widerpruch steht zu den Berichten und Bildern, die im Vorfeld in verschiedenen Medien verbreitet wurden. Nach unserer Einsschätzung ist eine temporäre Unterbringung hier wesentlich angenehmer als manche Hallenbelegung in den Kommunen.

Natürlich haben auch wir einige Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge. So wirkt das große Aufenthaltszelt recht ungemütlich und sollte durch Raumteiler / Stellwände o. ä. etwas strukturiert werden. Weitere Möglichkeiten der Freizeitgestaltung sollten geschaffen werden, z. B. durch Einrichten einer Bücher- und Spieleecke oder aktives Anprechen der örtlichen Sportvereine. Auch sollten Begriffe, wie „Überlaufbecken für Lebach“ gemieden werden. Da es um Menschen geht, klingt z. B. „temporäre Ausweichmöglichkeit“ o. ä. respektvoller. Unverständlich sind für uns auch die immensen Kosten von 9,8 Mio € für weniger als 150 Personen über einen Zeitraum von ca. 7 Monaten. Sollte es für diesen Betrag wirklich saarlandweit keine Möglichkeit geben Hotelzimmer o. ä. anzumieten?

Sehr beeindruckt hatte uns die Offenheit und Freundlichkeit von Herrn Weidig. Mit Freude nahmen wir sein Angebot an, auch Lebach zu besichtigen, wo in letzter Zeit eifrig saniert und neue Gebäude errichtet wurden

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Kommentare

  1. Jürgen Berthold

    Da die Delegation des St.Ingberter Bündnisses für Weltoffenheit,Vielfalt und Toleranz das Containerlager in Ensdorf so schön redet, empfehle ich diesen Delegationsmitgliedern, den Leiter der Landesaufnahmestelle Lebach und Innenminister Jost zu bitten, dort einmal für eine oder zwei Wochen Probewohnen zu dürfen. Erst dann würden diese Mitglieder wissen ,was es bedeutet, dort untergebracht zu sein. Erst dann könnten die Delegationsmitglieder die Ängste und Sorgen der Flüchtlinge über ihre weiteren Perspektiven von Leben ,Wohnen, wirklich ankommen und sich integrieren zu dürfen, real nachempfinden. Die Flüchtlinge, die ihre Heimat wegen Verfolgung ,Bedrohung, Krieg/ Bürgerkrieg u.a. verlassen haben / mussten .eine schwierige und gefährliche Flucht hinter sich haben und zum großen Teil traumatisiert sind, werden doch in diesem Conatinerlager vorübergehend ins Ungewisse gestürzt, ohne zu wissen wie es mit ihnen weitergeht.
    Hier wird doch die verfehlte Flüchtlingspolitik der vergangenen Jahre von Innenminister Buillon und dem neuen Innenminister Jost, der erklärtermaßen diese Politik fortführt , auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen. Durch dieses sehr teure und abgelegene Containerlager werden die Kommunen in den noch verbleibenenden 7 Monaten nicht entlastet,, denn diese Zeit ist viel zu kurz für die Kommunen, um neuen Wohnraum zu finden oder zu schaffen. Das ursprüngliche Ziel vom Innenminister Jost wird verfehlt werden. Da stimme ich eher dem Bündnis am Ende Ihrer Stellungnahme zu, dass man die 10 Millionen besser für die Anmietung von Hotels, Jugendherbergen verwendet hätte, denn dann wären die Flüchtlinge vorübergehend dezentral im Saarland verteilt worden und bekämen von den vielen ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen vor Ort praktische Hilfe, Nächstenliebe ,Gemeinschaftsleben , erste Sprachunterstützung und Beistand bei der Wohnungssuche. Die Flüchtlinge bekämen Geld und könnten sich selbst versorgen, ja, mehr ein selbstbestimmtes Leben führen. Würden nicht wie im Containerlager durch Cateringessen und Sachleistungen abhängig gehalten werden. Die Kommunen müssen von Bund und Land finanziell besser ausgestattet werden, um schnell eigene Häuser ( Systembauweise ) mit Wohnungen für Schwache / Flüchtlinge zu bauen. Das ist ihre Aufgabe für die nächsten Jahre. Das wäre nachhaltige Politik. An die Haus – und Wohnungsbesitzer ist zu appellieren. wieder mehr Wohnraum den Kommunen und Schwächsten anzubieten.

  2. Wolfgang Philipp

    Ich schlage Jürgen Berthold vor selbst ein paar Tage im Containerdorf zu bleiben um zu lernen, dass seine Kritik von weit außen nur Unruhe stiftet, bei denen die sich um die Menschen kümmern. Er könnte sich mal überlegen, ob er in seiner großen Wohnung vorübergehend ein Zimmer für einen Geflüchteten frei machen könnte. In den 90er Jahren gab es in St. Ingbert Container für die „Asylanten“, ich hatte Jürgen Berthold einmal davon erzählt und er konnte sich nicht daran erinnern. Damals regte sich niemand darüber auf. Ich hatte ehrenamtlich in den Containern Deutsch unterrichtet und hatte immer ein offenes Ohr für ihre Probleme, bin mit ihnen zum Sozialamt, Arzt etc. gegangen und die Mitarbeiter vom Sozialamt waren froh, dass ich mir die Zeit genommen hatte den Menschen zu helfen beim erlernen der deutschen Sprache und sie zu Sprechen und zu Verstehen, was ich bis heute noch ehrenamtlich bei den Geflüchteten mache.

  3. Angelika Kußler

    Es sieht immer anders aus, wenn man die Situation von innen oder außen betrachtet. Auch sollte man nur urteilen, wenn man Vergleichsmöglichkeiten hat.
    Das Engagement von Wolfgang Philipp ist sehr ankennenswert.

  4. Ursula Hubertus

    Mit der Delegation des St. Ingberter Bündnisses f.W.V.u.T. konnte ich das Containerdorf Ensdorf besichtigen und mir einen eigenen Eindruck verschaffen. Nur einzelne der Kritikpunkte und Anregungen von Herrn Berthold werden von uns geteilt.
    Entschieden verwahren wir uns gegen die Unterstellung der Schönrederei.
    Ich kann mir keinen Menschen vorstellen, der es eilig hätte aus einem 1 -2-Bett-Container aus- und in eine der Sammelunterkünfte in den Kommunen einzuziehen, wo man in 4er- bis 6er-„Zellen“ untergebracht ist, deren Wände lediglich Stellwände sind – ohne Raumdecke -, die nicht einzeln beheizt oder gelüftet werden können, wo es anstelle Türen Vorhänge gibt, das einzige Minimum an Privatsphäre nur im Bett unter der Bettdecke, mit dem Rücken zum Zimmer zu finden ist.

    Scheinbar kennt Herr Berthold diese Unterkünfte nicht so genau und stellt daher in diesem Punkt eher theoretische Überlegungen an.

  5. Wolfgang Philipp

    Dem Kommentar von Ursula Hubertus habe ich nichts hinzuzufügen. Sie war bei der Besichtigung des Containerdorfs dabei und hat sich ein Bild von der Situation im Containerdorf gemacht. Jürgen Berthold hat nur eine politische Meinung über das Containerdorf, das er weder von außen noch von innen gesehen hat. Bei dem Catering Essen wird auf die verschiedenen Arten der Zubereitung geachtet, da die meisten Menschen Muslime sind und aus religiösen oder kulturellen Gründen nicht alles serviert werden kann.
    Viele private Vermieter machen aus der Not richtig „Kohle“, weil sie übertrieben hohe Mieten verlangen für die kleinen Wohnungen, die sich in spärlichen Zuständen befinden, die sie an Geflüchtete vermieten. Da wird das Geld zum Fenster rausgeworfen Darüber sollte sich Herr Jürgen Berthold aufregen und eine annehmbare Lösung mit den Verantwortlichen suchen.

  6. Jürgen Berthold

    Das abgelegene, auf einer Bergbau – Industriebrache errichtete temporäre Containerlager in Ensdorf ist in Hinsicht der Unterbringung von Flüchtlingen ein umstrittenes Politikum und muss auch als solches kritisiert werden,wie ich es in meinem Kommentar getan hatte und sollte nicht durch naive Gutmenschen – Schönfärberei gerechtfertigt werden. Das könnte dazu ermuntern, weitere Containerlager zu errrichten.
    Die Zielsetzung des Innenministers, das Containerlager könne die in Wohnungsnot befindlichen Kommunen enscheidend entlasten, wird verfehlt werden, denn bis Ende 2023 wird die Wohnungsnot in den Kommunen nicht beseitigt sein. Das brauch ein paar Jahre. Um die Wohnungsnot in den Kommunen tatsächlich zu mindern, muss das Land schnell eigene Landesimmobilien zur Verfügung stellen, Hotels, leerstehende Herbergen und leerstehende Häuser aukaufen ( der Häuserleerstand im Saarland ist sehr hoch ) und vor allem die Kommunen mit Bundes – und Landesmitteln finanziell so stärken, dass diese schnellstmöglich beginnen können, stetig und nachhaltig, Sozialwohnungen zu bauen. ( Das wurde schon viel zu länge versäumt ). Dann stünde in naher Zukunft mehr Wohnraum für neu ankommende Flüchtlinge zur Verfügung.
    Solche Themen hatte ich schon in meinem obigen Kommentar angeschnitten, aber anstatt solche entscheidende Forderungen an die verantwortlichen saarl.Politiker in Land und Stadt zu richten , versuchen die Kommentarschreiberinnen *er lieber meine Person zu dikreditieren. Armselig.

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